

Forschungsfragen
Einblick in die Fragen und Antworten, die meine Arbeit insbesondere später
auch die Designthese geleitet haben
Verstehen, wie Familiengärten als Mikrokosmen gesellschaftlicher Herausforderungen wirken
Leitfrage
Wie spiegeln Schweizer Familiengärten größere gesellschaftliche Herausforderungen wie Urbanisierung, kulturelle Vielfalt und ökologische Nachhaltigkeit – und wie reagieren sie darauf?
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Antwort
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Wie Familiengärten auf diese Herausforderungen reagieren, hängt stark von ihrem geografischen Standort und ihrer situativen Einbettung ab – also von der jeweiligen Bioregion und den dort bestehenden Beziehungen zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Akteuren.
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Beobachtungen und Gespräche deuten darauf hin, dass folgende Aspekte – in vielen Fällen – zutreffen und weiterführend erforscht werden sollten:
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1. Urbanisierung
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Raumnutzung und Gemeinschaftsbindung: Familiengärten nutzen knappen urbanen Raum effektiv. Sie fungieren als grüne Pufferzonen und soziale Treffpunkte in dicht bebauten Stadtgebieten. Gerade angesichts wachsender Bodenknappheit können sie eine wertvolle Antwort auf den Verlust öffentlicher Grünflächen darstellen.
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Lokale Produktion und Selbstversorgung: Sie fördern den Anbau lokaler Nahrungsmittel, stärken damit die Resilienz gegenüber globalen Lieferketten und vermitteln ein Gefühl von Selbstwirksamkeit.
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2. Kulturelle Vielfalt
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Kultureller Austausch und soziale Integration: Laut meinen Feld- und Schreibtisch-Recherchen dienen viele Familiengärten als interkulturelle Begegnungsorte. Sie ermöglichen Austausch über Anbaumethoden, Kräutertraditionen und Pflanzennutzung – und fördern damit gegenseitiges Verständnis.
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Soziale Inklusion: Durch ihre Offenheit schaffen sie Räume, in denen sich unterschiedlichste Gruppen – etwa ältere Menschen, Menschen mit Migrationsgeschichte oder Stadtbewohner:innen ohne Garten – willkommen fühlen können.
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3. Ökologische Nachhaltigkeit
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Förderung von Biodiversität: Immer mehr Areale werden biodiversitätsfördernd bewirtschaftet. Die Vielfalt der Pflanzenarten zieht Insekten, Vögel und Kleintiere an – und leistet so einen wichtigen Beitrag zur ökologischen Balance.
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Nachhaltige Praktiken: In vielen Gärten sind nachhaltige Methoden wie Kompostierung, Regenwassernutzung oder biologischer Pflanzenschutz selbstverständlich – abhängig von Region, Verein und Engagement der Beteiligten. Diese Praktiken sind zugleich lehrreich und zukunftsweisend.
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4. Reaktion auf ökologische Herausforderungen
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Umweltbildung und lokales Engagement: Familiengärten wirken als informelle Lernräume für ökologisches Handeln. Sie regen gemeinschaftliches Engagement an – etwa für klimafreundliche Praktiken oder nachhaltige Stadtentwicklung.
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Klimaanpassung und Resilienz: Als grüne Inseln wirken sie der Überhitzung in Städten entgegen, tragen zur Versickerung von Regenwasser bei und erhöhen so die Resilienz gegenüber Starkwetterereignissen.
5. Gesundheit und Wohlbefinden
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Psychische und physische Gesundheit: Gärtnern senkt nachweislich das Stresslevel, fördert körperliche Aktivität und wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden aus – insbesondere bei älteren Menschen, bei denen es auch die kognitive Flexibilität erhalten kann.
Reflexion und Ausblick
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Diese Aspekte deuten darauf hin, dass Familiengärten durchaus als sensible Seismografen für gesellschaftliche Wandlungsprozesse fungieren können – und zugleich als Resonanzräume für nachhaltige, soziale und inklusive Praxis. Sie sind keine universelle Lösung, aber ein Ort, an dem viele der drängendsten Fragen unserer Zeit auf kleinster Fläche verhandelt werden.
Hinweis: Diese Einschätzungen basieren auf einer qualitativ angelegten Forschung mit begrenztem Zugang zu statistischen Erhebungen. Sie sind nicht repräsentativ für alle Familiengärten und bedürfen weiterführender Studien und Validierung in angemessenem Umfang.
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Familiengärten in lokale Nachhaltigkeitsstrategien einbinden
Leitfrage
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Inwiefern lassen sich Familiengärten in die lokale Stadtplanung und Nachhaltigkeitsstrategien integrieren, sodass sie zur Erreichung ökologischer und sozialer Ziele beitragen?
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Antwort
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Die gezielte Einbindung von Familiengärten in kommunale Stadtentwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategien eröffnet vielseitige Potenziale – sowohl ökologisch als auch sozial und ökonomisch. Gelingt dies, können Gärten nicht nur als grüne Rückzugsorte dienen, sondern auch einen bedeutenden Beitrag zu Lebensqualität, sozialem Zusammenhalt und klimatischer Resilienz leisten. Aber auch als Rückhalt in Krisenzeiten.
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Folgende Ansatzpunkte erscheinen besonders wirksam:
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1. Stadtplanung und Raumordnung​
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Gewidmete Grünflächen: Stadtplaner:innen können weiterhin gezielt Flächen für Familiengärten ausweisen – insbesondere im Rahmen neuer Quartiersentwicklungen oder bei der Umnutzung von Brachflächen.
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Integration in öffentliche Parks: Kleinere Gartenflächen innerhalb bestehender oder neu geplanter Parks könnten die Nutzungsvielfalt erhöhen, Gemeinschaft fördern und langfristige Standortbindung erzeugen.
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2. Politische und rechtliche Rahmenbedingungen
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Anreizsysteme: Gemeinden könnten Anreize für Bauherren und Investor:innen schaffen, etwa in Form von Steuererleichterungen oder verkürzten Genehmigungsverfahren, wenn Gärten in Wohn- oder Mischnutzungsprojekte integriert werden.
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Schutz und Förderung durch Gesetzgebung: Eine klare, nachhaltigkeitsorientierte Gesetzeslage kann Familiengärten absichern und ihre Weiterentwicklung im Sinne menschlicher und nicht-menschlicher Akteure unterstützen.
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3. Soziale Entwicklung und Partizipation
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Aktivierung lokaler Verantwortung: Die Einbindung der Anwohnenden in die Planung, Gestaltung und Pflege von Gärten stärkt das Verantwortungsgefühl und verhindert Vandalismus oder Verwahrlosung.
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Bildungs- und Begegnungsräume: Gärten können zu Lernorten für Umweltbildung, Biodiversität und gesunde Ernährung werden – und zugleich soziale Begegnung fördern.
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4. Ökologische Strategien
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Förderung von Biodiversität: Familiengärten bieten Lebensräume für Insekten, Vögel und Kleintiere – insbesondere, wenn auf regionale Artenvielfalt und naturnahe Gestaltung geachtet wird.
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Nachhaltiger Ressourceneinsatz: Regenwassernutzung, Kompostierung, solare Werkzeuge, Teilen von Materialien und Werkzeugen verringern ökologische Fußabdrücke und vermitteln zugleich anschauliche Prinzipien nachhaltigen Handelns.
5. Gesundheit und Wohlbefinden
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Therapeutische Räume: Gärten fördern nachweislich psychische Entlastung, Stressreduktion und Bewegung. Insbesondere für ältere Menschen können barrierefreie Anlagen ein Schlüssel zu aktiver Teilhabe im Alter sein („Silver Society“-Megatrend).
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Zugang zu gesunder Ernährung: Lokaler Gemüseanbau verbessert Ernährungsgewohnheiten, fördert Lebensmittelbewusstsein und kann die Versorgungssicherheit in Städten stärken – angepasst an die jeweilige Bioregion.
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6. Ökonomische Impulse
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Mikroökonomien stärken: Überschüsse aus den Gärten könnten lokal vermarktet werden – z. B. auf Nachbarschaftsmärkten –, was sowohl Gemeinschaft als auch die lokale Wirtschaft fördert.
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Neue Rollen und Beschäftigungsmodelle: Die Pflege, Verwaltung und Bildungsarbeit rund um Familiengärten könnte zu neuen Arbeits- und Ehrenamtsmodellen führen – insbesondere vor dem Hintergrund steigender Lebenshaltungskosten und veränderter Werteorientierungen („New Work“-Megatrend).
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​Hinweis: Langfristig könnte es sinnvoll sein, steuerliche Rahmenbedingungen zu überdenken und das Vereinswesen neu zu gestalten – um diesen Entwicklungen gerecht zu werden. Dies schlisst grundsätzlich die Gesetzgebung mit ein.
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7. Klimaanpassung und Resilienz
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Klimaschutz: Gärten können COâ‚‚ binden, Hitzeinseln abmildern und zur Regenwasserversickerung beitragen – eine relevante Maßnahme in der klimagerechten Stadtplanung.
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Umnutzung von Brachflächen: Die Umgestaltung ungenutzter Grundstücke zu produktiven, grünen Begegnungsräumen fördert die Bodengesundheit, das Wohlbefinden nicht-menschlicher Akteure – und verschönert das Stadt- und Gemeindebild.
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Land- und Lebensregionschutz: Wo es Gärten gibt wird grundsätzlich Land vor der Überbauung geschützt. Lebensräume, die sich entsprechend ausgestalten und schützen lassen.
Reflexion und Empfehlung
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Familiengärten in die lokale Nachhaltigkeits- und Stadtentwicklungsstrategie einzubetten, ist keine rein ökologische Maßnahme, sondern ein integraler Ansatz, um Städte lebenswerter, gerechter und resilienter zu gestalten. Allerdings braucht es dafür echte Partizipation: Nur wenn lokale Akteure mitgestalten dürfen – anstatt durch top-down-Entscheidungen übergangen zu werden –, lassen sich Konflikte vermeiden und langfristig tragfähige Lösungen entwickeln.​
Innovative Konzepte für die Vereinsarbeit entwickeln
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Leitfrage
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Welche innovativen Modelle für Führung und Betrieb lassen sich gemeinsam mit Familiengärtnervereinen entwickeln, um ihre Wirksamkeit und Nachhaltigkeit zu steigern?
Antwort
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Die Forschung zeigt: Innovative Führungs- und Betriebsmodelle können wesentlich zur Zukunftsfähigkeit von Familiengärtnervereinen beitragen – sowohl auf organisatorischer als auch auf sozialer und ökologischer Ebene.
Mögliche holistische Strategien, die sich partizipativ mit den Vereinen weiterentwickeln lassen:
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1. Kooperative Führungsmodelle
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Geteilte Verantwortung: Modelle mit rotierender Leitung oder gemeinschaftlicher Entscheidungsstruktur könnten helfen, Überlastung zu vermeiden und die Mitgestaltung zu fördern. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass Gemeinden und andere externe Akteure weiterhin Ansprechpersonen für Kommunikation und Austausch benötigen.
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Beiräte mit mehreren Perspektiven: Denkbar wäre die Einrichtung beratender Gremien, in denen Mitglieder, Anwohner:innen und Expert:innen aus Bereichen wie Ökologie, Stadtplanung oder Gemeinwesenentwicklung gemeinsam Impulse für Projekte und Strategien geben – ohne dabei die Handlungsfähigkeit des Vorstands zu untergraben.
2. Digitale und technologische Unterstützung
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Verwaltungssoftware: Die Einführung von digitaler Vereinssoftware kann helfen, Parzellenzuweisungen, Pflegeeinsätze, Stundenübersichten und die Kommunikation zu organisieren. Systeme wie „Fairgate“ sind zwar verfügbar, passen jedoch nicht immer auf die spezifischen Bedürfnisse von Familiengärtnervereinen mit Mietverträgen – vor allem, wenn IT-Kenntnisse fehlen.
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Mobile Apps: Bestehende Apps wie „Klubraum“ oder „Vereinsplaner“ könnten vereinfacht und gezielt auf die Anforderungen von Gartenvereinen zugeschnitten werden – z. B. mit Funktionen zu Pflanzkalendern, Wissensaustausch oder Erinnerungen an gemeinsame Termine.
3. Nachhaltigkeit und Umweltgestaltung
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Permakultur-Prinzipien: Durch die Integration von Permakultur-Ansätzen ließen sich ökologisch stabile Systeme schaffen, die wenig externe Eingriffe benötigen und natürliche Kreisläufe innerhalb der jeweiligen Bioregion stärken.
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Grüne Technologien: Der Einsatz von Solarlösungen für Beleuchtung oder Regenwasserspeicherung zur Bewässerung könnte sowohl ökologische Auswirkungen als auch Betriebskosten reduzieren – und zudem Licht- und Lärmbelastung minimieren.
4. Finanzierungs- und Beitragsmodelle
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Soziale Beitragsstruktur: Eine einkommensabhängige Beitragsskala könnte soziale Teilhabe sichern und zugleich notwendige Vereinsmittel generieren.
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Mikro-Förderplattformen: Ein digitales Vorschlagswesen mit Kleinförderungen durch Mitglieder oder Nachbarschaften würde sowohl Eigenverantwortung stärken als auch den Zusammenhalt fördern.
5. Bildung und Gemeinschaft
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Workshops und Zertifizierungen: Angebote zu Themen wie Kompostierung, Biodiversität oder ökologischer Gartenbau – ggf. mit Teilnahmezertifikaten – könnten sowohl individuelle Weiterentwicklung ermöglichen als auch die Resilienz der Gemeinschaft stärken.
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Ernte-Patenschaften / CSA-Modelle: Mit einem solidarischen Landwirtschaftsmodell („Community Supported Agriculture“) könnten Ernteanteile an Anwohner:innen vergeben werden, was stabile Einnahmen schafft und die gesellschaftliche Anerkennung der Gärten erhöht.
6. Kooperationen und Partnerschaften
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Lokale Unternehmen: Partnerschaften mit Betrieben vor Ort – z. B. für Sachspenden, Materialbezug oder Öffentlichkeitsarbeit – könnten finanzielle Stabilität fördern, sofern sie auf gemeinsamen Werten beruhen.
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Akademische Kooperationen: Die Zusammenarbeit mit Hochschulen, z. B. in Forschungsprojekten zu Stadtökologie, Biodiversität oder sozialer Integration, kann den Gärten neue Sichtbarkeit und Impulse als Lern- und Experimentierorte bringen.
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7. Rückmeldungskultur und Weiterentwicklung
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Regelmäßiger Austausch: Rückmeldungsformate wie Check-ins oder digitale Umfragen könnten helfen, Stimmungen einzufangen und neue Bedürfnisse frühzeitig zu erkennen – und damit anpassungsfähige, widerstandsfähige Strukturen ermöglichen.
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Transparente Wirkungsanalyse: Die Entwicklung von Indikatoren für nachhaltiges Handeln, Beteiligung oder Zufriedenheit – und deren regelmäßige Rückmeldung an die Mitglieder – könnte Vertrauen und Orientierung stärken, ohne die individuelle Freiheit einzuschränken.
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Reflexion und Empfehlung
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Die hier aufgeführten innovativen Ansätze verstehen sich nicht als Kontrollmechanismen, sondern als unterstützende Werkzeuge für die Weiterentwicklung von Familiengärten im Einklang mit den Herausforderungen der Zeit. Wichtig bleibt, dass die Gärten als identitätsstiftende, persönlich geprägte Räume erhalten bleiben – und neue Strukturen diesen Charakter respektieren, nicht überformen.
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Naturverbunden leben – Persönlich wachsen
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Leitfrage
​​Wie fördern Familiengärten die Verbindung zur Natur und die persönliche Entwicklung ihrer Mitglieder? Welche psychologischen und sozialen Vorteile erleben die Beteiligten?​​
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Antwort
​Grundsätzlich bieten Familiengärten wertvolle grüne Räume, die das Leben ihrer Mitglieder auf vielfältige Weise bereichern. Sie schaffen Verbindung – zur Natur, zu anderen Menschen und zu sich selbst – und leisten damit einen Beitrag für die jeweilige Bioregion, in der sie verwurzelt sind.
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Die psychologischen, sozialen und persönlichen Vorteile lassen sich wie folgt beschreiben:
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1. Naturverbindung stärken
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Direkter Kontakt zur Natur: Gärten ermöglichen es Menschen, mit Erde, Pflanzen, Wetter und Tieren in Berührung zu kommen. Diese unmittelbare Erfahrung vertieft das Verständnis für natürliche Kreisläufe – angepasst an die Besonderheiten der jeweiligen Region.
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Lernraum Natur: Familiengärten sind lebendige Klassenzimmer. Hier erfahren Mitglieder mehr über Pflanzenvielfalt, nachhaltige Anbaumethoden und ökologische Zusammenhänge – ein Beitrag zur ökologischen Bildung und Naturachtung.
2. Persönliche Entwicklung fördern
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Wissen und Können: Vom Säen bis zum Ernten – Gärtnern erfordert vielfältige Fähigkeiten. Wer sich Wissen über Fruchtfolgen, Schädlingskontrolle oder Kompostierung aneignet, stärkt seine Selbstwirksamkeit und Lebensfreude. Das passt zum Megatrend des globalen Wissenszugangs, der durch soziale Medien und digitale Lernformate verstärkt wird.
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Verantwortung übernehmen: Eine Parzelle erfolgreich zu bewirtschaften, erfordert Planung, Verlässlichkeit und Umsicht – und führt oft zu einem spürbaren Gefühl von Stolz und Selbstvertrauen.
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3. Psychologische Wirkung
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Stressreduktion: Die ruhige, rhythmische Gartenarbeit hat eine meditative Qualität. Sie kann helfen, den Kopf frei zu bekommen und emotionale Anspannung abzubauen.
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Stimmungsaufhellung: Bewegung an der frischen Luft, Sonnenlicht und das sichtbare Ergebnis der eigenen Mühe wirken sich positiv auf die psychische Gesundheit aus – auch durch die Förderung der Vitamin-D-Produktion, was wiederum das Immunsystem unterstützt.
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4. Soziale Wirkung
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Gemeinschaft erleben: Viele Gärtner:innen schätzen den sozialen Austausch mit Gleichgesinnten. Gespräche am Gartenzaun, gegenseitige Hilfe oder gemeinsame Aktionen fördern das Gefühl von Zugehörigkeit – gerade auch für Menschen, die neu in der Region oder aus anderen Kulturen stammen.
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Unterstützungsnetzwerke: Neben dem Austausch von Tipps entsteht oft auch emotionale Unterstützung – ein informelles soziales Netz, das insbesondere in Städten eine wichtige Ressource sein kann.
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5. Therapeutisches Potenzial
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Gartentherapie: Gartenarbeit wird zunehmend in therapeutischen Kontexten eingesetzt, etwa zur Bewältigung psychischer Belastungen oder Traumata. Sie bietet Raum zur emotionalen Regeneration.
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Körperliche Gesundheit: Regelmäßige Gartenarbeit fördert Beweglichkeit, Muskelkraft und Ausdauer – besonders im höheren Alter eine wichtige Quelle für körperliche Aktivität.
6. Kulturelles und soziales Lernen
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Kultureller Austausch: Familiengärten bringen Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammen. Der Austausch über Anbaumethoden, Kochtraditionen oder Heilpflanzen fördert interkulturelles Lernen und gegenseitige Wertschätzung.
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Inklusion fördern: Für marginalisierte Gruppen – etwa Geflüchtete, Menschen mit wenig Einkommen oder ältere Menschen – bieten Familiengärten einen geschützten Raum, um Teilhabe zu erleben und aktiv mitzugestalten.
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7. Agency und Mitgestaltung
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Handlungsspielräume aktivieren: Wer im Garten Verantwortung übernimmt, Entscheidungen mitträgt oder Projekte anstösst, erlebt Selbstwirksamkeit – ein zentraler Schlüssel für gesellschaftliches Engagement.
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Führung lernen: Die Organisation von Gartenfesten, Pflegeeinsätzen oder Bildungsangeboten fördert Führungsqualitäten, die auch ausserhalb des Gartens wirken können – etwa im Ehrenamt oder Beruf.
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Reflexion und Empfehlung
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Die Forschung hat mir gezeigt, dass Familiengärten weit mehr sind als grüne Freizeitorte. Sie ermöglichen Wachstum – im Garten wie im Leben. Sie verbinden Menschen mit sich selbst, mit der Natur und mit ihrer Gemeinschaft. In Zeiten des ökologischen und sozialen Wandels sind sie Orte, an denen sich zentrale Bedürfnisse unserer Zeit widerspiegeln: Achtsamkeit, Teilhabe und Resilienz.​
Dialog fördern – Zusammenarbeit stärken
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Leitfrage
Welche Rahmenbedingungen und Praktiken können den Dialog und die Kooperation zwischen Familiengärtnervereinen und Gemeinden bzw. lokalen Gemeinschaften stärken?
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Antwort
Im Rahmen der Forschung hat sich gezeigt, dass verlässliche Strukturen und kontinuierlicher Austausch entscheidend dafür sind, die Beziehung zwischen Gemeinden und Familiengärtnervereinen zu vertiefen. Ziel ist nicht nur die funktionale Zusammenarbeit, sondern auch der Aufbau gegenseitigen Verständnisses – als Grundlage für eine resiliente und zukunftsorientierte Entwicklung.
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Mögliche Strategien zur Förderung dieser Zusammenarbeit können sein:
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1. Formalisierte Partnerschaften
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Kooperationsvereinbarungen (MoUs): Schriftliche Abmachungen, in denen Aufgaben, Zuständigkeiten und Erwartungen beider Seiten festgehalten werden, können langfristig Vertrauen aufbauen und gemeinsame Projekte erleichtern. Besonders bei sensiblen Themen wie Flächennutzung oder öffentlichen Ressourcen schafft ein solches Fundament Klarheit und Orientierung.
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2. Gemeinsame Gremien und Arbeitsgruppen​
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Regelmässige Treffen und Workshops: Gremien mit Vertreter:innen aus Gemeindeverwaltung und Gartenverein bieten Raum für Austausch, Konfliktlösung und gemeinsames Planen. Workshops fördern den Ideenaustausch und können neue Impulse für nachhaltige Gartennutzung setzen.
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3. Vermittlungsrollen schaffen
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Ansprechpersonen in der Verwaltung: Gemeinden könnten spezielle Kontaktpersonen benennen, die als Schnittstelle zu den Familiengartenvereinen agieren. Diese “Community Liaisons” fördern den Informationsfluss und helfen, Anliegen beider Seiten besser zu verstehen und zu koordinieren.
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4. Öffentliche Beteiligung stärken
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Foren und Bürgerversammlungen: Regelmässige offene Veranstaltungen ermöglichen es Gartenmitgliedern und Anwohnenden, ihre Perspektiven einzubringen, Vorschläge zu machen und sich über laufende Entwicklungen zu informieren. Dies stärkt das Vertrauen in kommunale Prozesse und erhöht die Identifikation mit dem Ort.
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5. Gemeinsame Projekte und Initiativen
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Nachhaltigkeitsprojekte: Kooperative Vorhaben wie gemeinschaftliches Kompostieren, Biodiversitätsprojekte oder Bildungsangebote schaffen echte Mehrwerte – für Mensch und Umwelt.
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Bürgerschaftliches Engagement: Wenn Gärtner:innen sich in übergreifende soziale Projekte einbringen, stärken sie die Sichtbarkeit und Relevanz der Gärten im öffentlichen Raum – und umgekehrt.
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6. Ressourcen teilen – Wissen verbreiten
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Digitale Austauschplattformen: Der Aufbau gemeinsamer Info-Plattformen oder Newsletter kann helfen, schneller und zielgerichteter zu kommunizieren – über Veranstaltungen, Änderungen, Regeln oder Angebote.
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Gemeinsame Ressourcennutzung: Werkzeuge, Saatgut oder Schulungsmaterialien könnten gemeinschaftlich verwaltet und genutzt werden – was nicht nur effizient, sondern auch solidarisch wirkt.
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7. Bildung und Kulturveranstaltungen
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Feste und Begegnungen im Garten: Gemeinschaftsveranstaltungen mit der Gemeinde (z. B. Erntefeste, Tag der offenen Gartentür) stärken Beziehungen und machen die Gärten sichtbarer als Teil des urbanen Lebens.
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Bildungspartnerschaften: Kooperationen mit Schulen, Universitäten oder gemeinnützigen Organisationen bringen neues Wissen in die Gärten – und laden Gemeinden dazu ein, aktiv mitzuwirken.
8. Kontinuierliche Rückkopplung
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Feedbacksysteme: Regelmässige Umfragen, gemeinsame Reflexionen oder informelle Treffen fördern eine offene Lernkultur – und zeigen, dass Beteiligung gewünscht und wertgeschätzt wird.
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9. Politische Teilhabe ermöglichen
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Mitspracherechte im Planungsprozess: Wenn Gartenvertreter:innen in kommunale Planungsprozesse eingebunden werden – z. B. bei Themen wie Stadtbegrünung oder Klimaanpassung – stärkt dies gegenseitiges Vertrauen und sorgt für bessere Entscheidungen.
Reflexion und Empfehlung
​Wenn solche Strukturen nicht nur gedacht, sondern gemeinsam gelebt werden, entsteht mehr als ein gutes Miteinander: Es entsteht ein tragfähiges Netzwerk, das Gärten, Gemeinden und Gemeinschaften als Teil eines größeren öko-sozialen Ganzen verbindet – zum Wohl aller Beteiligten. Das setzt jedoch voraus, dass Beteiligung ernst genommen und nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden wird.
Nachhaltig gärtnern – bewusst managen​
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Leitfrage
Welche bewährten Praktiken unterstützen ein nachhaltiges Management von Familiengärten, das ökologische Gesundheit, soziale Teilhabe und produktives Gärtnern in Einklang bringt?
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Antwort
Die nachhaltige Bewirtschaftung von Familiengärten erfordert einen ganzheitlichen Blick. Im Rahmen der Forschung zeigten sich konkrete Handlungsfelder und Empfehlungen, die ökologische, soziale und produktive Dimensionen gleichwertig berücksichtigen.
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Empfohlene beste Praxisbeispiele im Überblick:
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1. Ökologische Nachhaltigkeit stärken
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Biologischer Anbau: Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel und Dünger; stattdessen Förderung natürlicher Alternativen und integrierter Schädlingsbekämpfung zur Erhaltung von Bodenfruchtbarkeit und Artenvielfalt.
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Wasser sparen: Einsatz von Tröpfchenbewässerung, Mulchtechniken und Regenwassertonnen. Aufklärung über Wasserverbrauch und konkrete Umsetzungshilfen unterstützen langfristig klimaresilientes Gärtnern.
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Kompostierung: Aufbau gemeinschaftlicher Kompostsysteme zur Wiederverwertung organischer Abfälle stärkt natürliche Kreisläufe, spart Kosten und verbessert die Bodenqualität.
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Biodiversität fördern: Gestaltung von Parzellen und Gemeinschaftsflächen mit vielfältigen, idealerweise einheimischen Pflanzen stärkt Bestäuberinsekten, Vögel und das ökologische Gleichgewicht.
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2. Soziale Teilhabe ermöglichen
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Gemeinschaftliche Bildungsangebote: Offene Workshops und Veranstaltungen zu nachhaltigen Gartenthemen fördern Wissensaustausch, Integration und ein gemeinsames Lernen.
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Freiwilligenprogramme: Mitmachangebote für Jung und Alt entlasten den Vorstand und stärken das Gemeinschaftsgefühl. Sie geben auch Neuankommenden einen Einstieg.
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Gemeinsame Begegnungsorte: Gemeinschaftsflächen wie Picknickzonen, Kräutergärten oder überdachte Treffpunkte fördern Austausch und Identifikation mit dem Ort.
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3. Produktivität sinnvoll gestalten
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Mischkultur und Fruchtwechsel: Durchdachte Pflanzfolgen und Artenvielfalt verbessern langfristig den Ertrag und die Bodengesundheit.
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Saisonverlängerung: Nutzung von Frühbeetkästen, Vlies oder einfachen Gewächshäusern ermöglicht ganzjähriges Gärtnern und erhöht die Vielfalt an anbaubaren Kulturen.
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Flächeneffizienz und Sicherheit: Gut durchdachte Wegeführung, optimale Lichtnutzung und barrierefreie Zugänge fördern Wohlbefinden, Übersicht und Selbstwirksamkeit – und spiegeln zugleich aktuelle Gesundheitstrends wider.
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4. Nachhaltigkeit sichtbar machen​
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Monitoring-Systeme: Entwicklung einfacher Kennzahlen zur Bodenqualität, Wasserverbrauch, Artenvielfalt oder Mitgliederzufriedenheit unterstützt datenbasierte Weiterentwicklung und schafft Transparenz.
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Feedbackmechanismen: Regelmässige Rückmeldungen aus der Gemeinschaft – z. B. durch Umfragen oder informelle Gespräche – fördern Mitgestaltung und Identifikation.
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5. Zusammenarbeit & Netzwerke ausbauen​
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Kooperation mit Umweltorganisationen: Partnerschaften mit NGOs, Universitäten oder Fachstellen bringen Wissen, Ressourcen und neue Impulse in die Gärten – gerade bei Biodiversität oder Bildung.
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Lokale Allianzen: Schulen, Alterszentren oder Quartiervereine als Partner fördern generationsübergreifende Teilhabe, Resilienz und eine bessere Einbettung in das Quartierleben.
Reflexion und Empfehlung
Durch die Umsetzung dieser praktischen Empfehlungen können Familiengärten zu resilienten Modellen urbaner Nachhaltigkeit werden – Orte, an denen ökologisches Gleichgewicht, soziale Gemeinschaft und produktives Tun kein Widerspruch, sondern ein gelebtes Zusammenspiel sind. Gerade im Dialog mit Gemeinden und politischen Akteuren liegt grosses Potenzial für eine zukunftsfähige Weiterentwicklung.